„Verträge werden nicht geschlossen, weil man sich verträgt.“ im Gespräch – Helge-Olaf Käding Handballrecht-Anwalt

Aufwandsentschädigung oder Vertrag: Sowohl im semi-professionellen als auch im Amateurbereich stehen Trainer immer wieder vor dieser Frage – und schließen schlussendlich Kontrakte ab, in denen der Lebenspartner Geld für die Betreuung der Internetseite bekommt oder ein „Wäschegeld“ vereinbart wird, um die Höhe des Honorars zu verschleiern. Rechtsanwalt Helge-Olaf Käding von handballrecht.de rät von solchen „Fummelverträgen“ ab, gibt im Interview Antworten auf häufig gestellte Fragen – und verrät, welche Fragen Trainer in Sachen Vertragsgestaltung unbedingt öfter stellen sollten… 

Quelle: www.anwalt.de

Helge, ab welchem Punkt muss ich mir als Trainer Gedanken machen, ob ich einen Trainervertrag brauche? 

Letztendlich wird es nicht darauf ankommen, ob man einen Vertrag braucht oder gerne haben möchte, sondern ob man von Gesetz und Rechtssprechung her als Arbeitnehmer gilt oder nicht. Grob gesagt: Alles, was mehr als sechs Stunden die Woche umfasst, gerät in die Nähe eines Arbeitgeber-/Arbeitnehmerverhältnisses…

Sechs Stunden die Woche sind mit zwei Trainingseinheiten und einem Spiel schnell erreicht – auch im Kinder- und Jugendhandball, wo die meisten Trainer oft als Jugendliche anfangen und (wenn überhaupt) eine Übungsleiter-Pauschale erhalten. Über Trainerverträge macht sich da keiner Gedanken. 

Das stimmt, es geht schnell. Die sechs Stunden sind aber auch nur ein Anhaltspunkt, keine festgeschriebene Grenze. Es gibt darüber hinaus weitere Kriterien, die entscheidend sind, ob man rechtlich als Arbeitnehmer gesehen wird und dementsprechend einen Vertrag braucht.

Zum Beispiel? 

Ein Beispiel wäre die Frage: Ist man weisungsgebunden oder nicht? Das ist im Mannschaftssport relativ einfach zu beantworten, da die Sozialgerichte davon ausgehen, dass alleine ein Spielplan eine Gebundenheit darstellt. Es gibt aber noch weitere Punkte; beispielsweise die Tatsache, dass ich mich nicht vertreten lassen kann oder kein unternehmerisches Risiko trage.

Die Grenzen sind wie gesagt fließend. Selbst, wenn man zu dem Schluss kommt, dass man rechtlich als Arbeitnehmer zu betrachten ist, ist das in der Regel kein Problem. Man vereinbart neben seinem Hauptjob eine Tätigkeit auf 520-Euro-Basis mit dem Verein, einen so genannten Minijob, und gibt sein Training und die Spiele für eine vereinbarte Summe.

Nebenbei kann man sogar noch die steuerfreie Übungsleiterpauschale bekommen, das ist kein Problem. So lassen sich ungefähr 770 Euro im Monat sauber darstellen. Bei allem, was man als Arbeitnehmer verdient, gilt übrigens der Mindestlohn – auch bei Minijobs .

Gehen wir das Punkt für Punkt durch: Stichwort Übungsleiterpauschale… 

Die Übungsleiterpauschale von maximal 250 Euro im Monat erhält man, das ist klar definiert, als Ehrenamtler. Sie soll die Menschen motivieren, sich zu engagieren; es ist keine Lohnzahlung. Entsprechend könnte ich jederzeit sagen, dass ich heute keinen Bock habe und nicht komme, weil ich rechtlich keine Verpflichtung habe.

Das ist nicht möglich, sobald ich einen Trainervertrag unterschrieben habe. Ein Ehrenamt ist nicht an eine Stundengrenze gebunden, aber es muss passen. In der Oberliga vier Trainingseinheiten plus Spielbetreuung ist vom Umfang kein Ehrenamt mehr. Man muss immer den Einzelfall betrachten.

In der 4. Liga und unterhalb ist das teilweise nicht schriftlich geregelt; Verein und Trainer haben sich per Handschlag geeinigt. Was hat das für Folgen? 

Ich brauche nicht zwingend einen schriftlichen Vertrag, um ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Auch bei einer mündlichen Vereinbarung gilt es, die eingangs erwähnten Kriterien zu Grunde zu legen – die Grenze von sechs Stunden pro Woche, die Weisungsgebundenheit, die Höhe des Geldes, die gezahlt wird. Ich muss mich fragen: Ist mein Engagement gerade noch gedeckt vom Ehrenamt oder ist es schon ein Arbeitsverhältnis?

Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ich mich beispielsweise verpflichte, drei Trainingseinheiten die Woche plus Spielbetreuung zu geben und für diesen zeitlichen Umfang 200 oder 250 Euro im Monat in den Vertrag schreiben bzw. auszahlen lasse, ist es eine Umgehung des Mindestlohns, der bei einem verpflichtenden Arbeitsverhältnis vorgegeben ist. Darauf muss ich als Trainer achten, wenn ich einen Vertrag unterschreibe. Aber vor allem auch der Verein, denn die Umgehung des Mindestlohns kann ernste Folgen für den Vorstand bzw. die Geschäftsführung haben.

Einen schriftlichen Vertrag braucht man immer dann, wenn eine Befristung wirksam vereinbart werden soll. Mündlich vereinbarte Befristungen sind unwirksam, das heißt, der Vertrag wäre unbefristet. Alleine daher ist immer zu einem schriftlichen Vertrag zu raten!

Wie könnte eine Umgehung des Mindestlohns auffallen? 

Die Vereine werden ab einer gewissen Größe von Sozialversicherungsträgern geprüft. Im Rahmen einer Renten-, Umsatz oder Lohnsteuersteuerprüfung fallen solche Verträge immer mal wieder auf – und dann wird nachgehakt.

Ob Ehrenamt, Minijob oder sogar ein Arbeitsvertrag darüber hinaus: Was würdest du Trainern pauschal raten, damit sie nicht in eine rechtliche Stolperfalle tappt? 

Ich würde immer raten, die eigene Situation fachmännisch prüfen zu lassen – von einem Anwalt oder Steuerberater. Ich kann nur dringend davon abraten, sich blauäugig auf Fummelverträge oder ähnliche Konstellationen einzulassen. Hauptberuf plus Minijob plus Übungsleiterpauschale ist ein gängiges Modell in den unteren Klassen und das ist auch in Ordnung; da muss man nur auf die Stundenzahl achten.

Kannst du erklären, was du mit Fummelverträgen meinst? 

Oft läuft es ja wie folgt ab: Ein Trainer und ein Verein einigen sich auf die Zusammenarbeit und wenn es um das Geld geht, stellt der Trainer eine Summe in den Raum – zum Beispiel, dass er 1.500 Euro netto auf dem Konto haben will. Jetzt fängt der Verein an zu rechnen und stellt fest, dass ihn das ungefähr 2.500 brutto kosten würde; das ist teuer.

Daher ziehen viele Vereine gerne Fummelverträge vor und puzzlen das Honorar zusammen. Sie bieten dem Trainer einen 520-Euro-Job für sich plus 250 Euro Übungsleiterpauschale. Außerdem wird die Lebensgefährtin für die „Betreuung der Internetseite“ auf 520-Euro-Basis angestellt, dazu gibt es Fahrtgeld und monatlich 100 Euro schwarz auf die Hand. Das ist gängige Praxis.

Das klingt ein wenig dubios…

Wenn beide Seiten bereit sind, alle damit verbundenen Risiken zu tragen, dann ist das okay; ich kann nur davon abraten. Aus Trainersicht habe ich in diesem Fall keine Absicherung. Ich bekomme kein Krankengeld, weil es nur ein Minijob ist. Es besteht immer das Risiko, dass es bei einer Überprüfung auffliegt.

Und wenn ich freigestellt werde, habe ich plötzlich nur noch das Minijob-Geld, weil der Verein alles andere nicht zahlen muss. In der Regel gehen solche Konstellationen nicht gut und ich kann daher nur den Ratschlag geben, es sauber zu regeln – und im Zweifelsfall zu sagen: Wir können nicht zusammenarbeiten, weil wir uns die 1.500 Euro netto nicht leisten können.

Das scheint aber, so wie du das gerade schilderst, eher eine Seltenheit zu sein…

Ich habe in den vergangenen Jahren immer wieder schwindelerregende Konstruktionen erlebt. Da wird mit Essensgutscheinen, Wäschegeld oder Fahrtgeld hantiert. Gerade das Fahrtgeld wird gerne angesetzt; dabei ist das nur ein Ersatz für tatsächlich entstandene Kosten. Rechtlich kann man kein Gehalt über das Fahrtgeld abgelten. Wenn ein Trainer zehn Kilometer von der Halle entfernt wohnt und 500 Euro Fahrtgeld erhält, ist das nicht plausibel.

Dein wichtigster Ratschlag wäre also: Beschäftigt euch mit dem Thema? 

Genau. Dafür gibt es viele Möglichkeiten – über die persönliche Beratung durch Anwälte oder Steuerberater von Nachfragen an die Sportbünde oder bei der Rentenversicherung bis hin zu einer eigenen Recherche im Internet.

Das gilt nicht nur als Trainer, sondern auch als Verein bzw. Vorstand. Denn in dem Moment, wo ein Arbeitsverhältnis ungesetzlich ist, weil beispielsweise der Mindestlohn oder Sozialabgaben umgangen werden, ist es eine Straftat. Und Straftaten begründen eine persönliche Haftung des Vorstandes.

Das kann sogar in die gesamtschuldnerische Privathaftung gehen, denn als Vorstand bin ich für den Vertrag verantwortlich, der unterzeichnet wurde. Und die Prüfungen der Finanzämter gehen in immer tiefere Klassen. Daher rate ich beiden Seiten dringend, die Zusammenarbeit legal und rechtlich sauber zu regeln.

Abschließend: Was gibst du den Trainern als Schlusswort mit? 

Verträge werden nicht geschlossen, weil man sich verträgt – sondern um zu regeln, was passiert, wenn man sich nicht mehr verträgt. Ich habe genug Fälle gehabt, in denen der Trainer erst ankam, wenn es zu spät war und sie nach der Entlassung statt 2.000 Euro plötzlich nur noch ihr Minijob-Geld bekamen.

Daher sollte man sich, sobald es um einen Arbeitsvertrag geht, rechtlich beraten lassen, um gut schlafen zu können. Denn als Trainer hat man nie eine Garantie, dass bis zum Ende der Vertragslaufzeit alles gut geht …